Elsternest

Black Forest – Ein Heimatroman von Wolfgang Schorlau

Black Forest von Wolfgang Schorlau

Es kommt vor, dass Verlage in ihrer Etikettierungssucht falsch liegen. So auch bei dem neuen Roman von Wolfgang Schorlau: Black Forest. Er ist als Krimi angepriesen aber er erweist sich als Heimatroman. Wolfgang Schorlau ist schon einmal von seinem Dengler-Krimi-Pfad abgewichen: Er schreibt zusammen mit dem Italiener Claudio Caiolo Venedig-Regionalkrimis. Nun also einen Heimatroman.

Wie Karl May schlüpft Schorlau in die seine Hauptperson und wird zu Dengler

Es ist nichts gegen Heimatromane einzuwenden, immerhin hat auch der große Karl May welche geschrieben (Der Peitschenmüller). Wie Karl May erzählt Wolfgang Schorlau hier zum ersten Mal aus der Ich-Perspektive, schlüpft ganz in die Rolle von Dengler. Aber im Gegensatz zu Karl May, der spannende Geschichten von Old Shatterhand erzählt, erzählt Wolfgang Schorlau in Black Forest eine Familiengeschichte. Die beteiligten Prsonen und ihre Verhältnisse untereinander werden vom Autor als liebevoll und warmherzig beschrieben. Krimi-Spannung kommt erst im letzten Viertel des Romans auf aber da ist schon alles so klar und die Aufklärung des Falls ist nicht weiter überraschend.

Black Forest ist mit politischen Themen und Statements überfrachtet

Schorlau Fans lieben die Dengler-Krimis aufgrund der umfangreichen Recherchen, die der Autor bei der Vorbereitung seiner Bücher anstellt. Aber dieses Buch ist – mal wieder – überfrachtet. Zu viele Themen, die Wolfgang Schorlau an die Leserschaft bringen will: Windenergie, Solarenergie, das Raketenprogramm der Nazis, der Mossad, das Erstarken der AfD, die Arbeit der Grünen im Europaparlament und dann auch noch der Wolf, der als Sinnbild für die Wildheit durch den Schwarzwald streift.

Was Schorlau hier ausbreitet ist klischeehaft. Der Autor versucht, den Leser mit seinem Wissen nicht mehr zu überzeugen, sondern zu belehren. Leider hat das von Buch zu Buch tendenziell zugenommen und das in einer plumpen Art, die den Leser nicht mehr ernst nimmt. Bei der Rolle des Energie-Industriellen, der die Windkraft verhindern will, versteigt sich Wolfgang Schorlau in Verschwörungstheorien. Die Killer, die der Industrielle anheuert, wirken einfach nur peinlich, sind klischeehaft beschrieben und fahren – natürlich – einen Porsche Cayenne.

Eine Aneinanderreihung von Details

Es ist – meine These – ein Heimatroman. Und alles was mit Heimat zu tun hat, wird bis ins kleinste beschrieben. Als Hörbuch (was ich zum größten Teil neben dem Buch) hörte, kann man nicht so einfach die Vorspultaste drücken, wie man beim Lesen eines Buches Seiten überblättern kann. Und das ist leider bei diesem Buch bitter nötig. So wird z. B. über drei Seiten en détail beschrieben, wie Georg Dengler mit seinem Sohn Jakob die Werkstatt des alten Denglers ausräumt, jede Schelle, jede Feile wird erwähnt, die sie nach draußen tragen. Nebenbei wird auch noch der Großvater vom Georg Dengler als Tunte geoutet. Da ist die Gendersprache nicht weit, die Urenkel Jakob penetrant mit Glottischlag verwendet. Mehr Anbiederung an den Zeitgeist geht nicht. Auch das Herstellen von Holzschindeln wird in aller Ausführlichkeit beschrieben und warum ein altes Bauernhaus regelmäßig geputzt werden muss.

Das Problem von Wolfgang Schorlau scheint zu sein, dass er alle Informationen, die er bei seinen Recherchen gesammelt hat, eins zu eins in den Roman packen will. Er bedankt sich bei seinen Informanten im Anhang des Buches und beschreibt, dass er die Aussagen den einzelnen Personen in den Mund gelegt hat. Mit dieser Methode ist er bei seinem Venedig Regional-Krimi schwer ins Stolpern geraten, als er die Informationen der Venedig-Kennerin Petra Reski übernommen und in den Roman eingebaut hat. Die hat sich gegen diese Art der Plünderung erfolgreich verwehrt.

Wo bleibt das kritische Lektorat?

Überschwänglich bedankt sich Wolfgang Schorlau bei seinen Lektoren Lutz Dursthoff und Nikolaus Wolters. Leider scheint die Nähe zum Autor, mit dem sie schon über Jahre zusammenarbeiten, ihren kritischen Blick getrübt zu haben. Sonst hätten sie gnadenlos mit den Rotstift all die unnötigen Details herausgestrichen, die vielen Vergleiche und Adjektive, die das Buch unnötig aufblähen und die die eigene Fantasie des Lesers gnadenlos abtöten. Und sie hätten sicher auch erkannt, dass man beim Rommé erstmalig mit mindestens 40 herauskommt und nicht mit drei Achten und drei Fünfern, wie die alte Frau Dengler es macht (Seite 198).

Fazit

Fans von Wolfgang Schorlau werden das vorfinden, was sie an ihm mögen. Seinen Hang, das auch noch kleinste Detail ausführlich zu beschreiben, und die politischen Themen, mit denen er seine Krimis grundiert. Wer sich ein rasanteres Tempo wünscht und in einen Krimi hineingezogen werden will, der greift zu anderen Krimischriftstellern, die sich politischer Themen annehmen, z. B. Oliver Bottini oder Merle Kröger.

Black Forest
443 Seiten, Paperback
Kiepenheuer & Witsch, Preis: 18 €

zu erwerben in jeder Buchhandlung Ihres Vertrauens.

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