So heißt eine neue Reihe, die in der Stiftung Geißstraße am 14. März 2017 mit dem Philosophen Dr. Daniel-Pascal Zorn begann. Ein Motto von Hugo Hofmannsthal steht über dieser Veranstaltungsreihe, die von den Anstiftern, dem Schriftstellerhaus, der Universität Stuttgart, dem Verband der Schriftsteller und vielen anderen Institutionen unterstützt wird: „Manche Worte gibt’s, die treffen wie Keulen. Doch manche schluckst du wie Angeln und schwimmst weiter und weißt es noch nicht.“
Dr. Michael Kienzle, Geschäftsführender Vorstand der Stiftung Geißstraße, umreißt in seinen einleitenden Worten die Intention der Veranstaltungsreihe: Sowohl die direkte als auch die parlamentarische Demokratie beruhen gleichermaßen auf dem freien Wort. Auf dem Austausch von Meinungen, Erkenntnissen und Interessenbekundungen. Meinungs- und Pressefreiheit waren die zentralen Forderungen des Liberalismus. Sie fanden Eingang auch ins Grundgesetze der Bundesrepublik Deutschland. Wie Aristoteles vor mehr als 2000 Jahren bemerkte, entwickeln sich Staat und Gesellschaft zwar im Streit, jedoch nur dann, wenn er zivilisiert ausgetragen wird. Das Projekt „Die Wucht der Worte“ möchte dazu eine Debatte anzetteln. Es möchte mit Medienschaffenden, Kulturschaffenden und politisch Interessierten das Bewusstsein in der Stadt dafür schärfen, dass der zivilisierte Diskurs die Grundlage jeder sozialen Gemeinschaft ist.
Dr. Daniel-Pascal Zorn hat seine Thesen bei Klett-Cotta veröffentlicht
Dr. Daniel-Pascal Zorn hat gerade sein Buch Logik für Demokraten im Klett Cotta Verlag vorgelegt. An diesem Abend in der Geißstraße stellt er es zum ersten Mal dem interessierten Publikum vor. Darin beschreibt er, dass demokratisches Handeln und Denken nur Bedeutung hat, wenn es immer wieder eingeübt wird. Er will uns Denkwerkzeuge an die Hand geben, um sich den Gegnern und Feinden demokratischen Denkens entgegenzustellen. Ein gewagtes Experiment, bei dem er sich auf Aristoteles beruft, der dem zivilisieren Streit eine Lanze gebrochen hat. Der Diskurs, den Platon auf dem Marktplatz von Athen führte, so Dr. Zorn, wird heute in den sozialen Medien, allen voran Facebook, geführt. Und er hat sich eingemischt. Hat Diskussionen auf rechten Internetseiten und denen der AfD geführt. Hat mit philosophischen Methoden den Diskurs bestritten und dabei die Logik angewendet, die sich aus zwei Quellen speist:
zum einen logos (der Rede) und zum anderen téchne, dem Verständnis von Kunst, Wissenschaft und Technik.
Dr. Daniel-Pascal Zorn spricht sich dagegen aus, rhetorische Tricks in Debatten anzuwenden, wiewohl diese Art zu Reden zu unserer Debattenkultur dazugehört. Aber sie ist eben nicht die einzige und meistens auch nicht die, die auf das Gemeinsame zielt. Wer sie als die einzig legitime setzt, darf sich nicht wundern, wenn das Gespräch im geistigen Bürgerkrieg endet, so seine These. Er vertritt den Anspruch einer allgemeinen Bildung. Das bedeutet, es ist notwendig, die Ausbildung der eigenen Urteilskraft zu fördern. Politische Glaubensbekenntnisse vor sich herzutragen, sollte tunlichst vermieden werden. Wir müssen einfach wieder damit anfangen, miteinander statt gegeneinander zu reden. Er spricht sich dafür aus, die Reflexionslogik anzuwenden, die untersucht, was gilt und die um einen Nachweis dessen bemüht ist. Dabei ist zwischen Person und Argument zu trennen. Die deskriptive Logik verhandelt das Argument und ist nicht mit Psychologie zu verwechseln, die den Sprechenden zu verstehen trachtet.
In den sozialen Netzwerken im Selbstversuch unterwegs
Dr. Daniel-Pascal Zorn analysiert populistischer Argumentation und totalitärer Denkweisen. Der Populist beginnt häufig mit der Festlegung: „Ich spreche für das Volk (die schweigende Mehrheit)“. Damit setzt er sich ins Recht. Im nächsten Schritt werden häufig Verschwörungstheorien aufgerufen und Argumente werden extrem überhöht. Es wird eine Einheit derer hergestellt, die dagegen sind. Vage Begriffe wie: Volk, Kultur, Natur werden in den Diskurs eingeführt. Provokationen werden als Mittel der Rhetorik aufgerufen. Fatal: Der Diskurs wird durch „Gewohnheiten“ zementiert. Er fordert dagegen auf, kritisch zu bleiben und zu erkennen, dass es vernünftig ist, demokratisch zu denken. Und er postuliert, in allen Debatten sollen wir authentisch bleiben, will sagen, so zu handeln wie wir sprechen, mit uns überein zu stimmen.
Dies hat er im Selbstversuch ausprobiert, indem er sich auf Facebook in Diskussionen eingeklinkt hat. Und er hat, wie er berichtet, Erfolge erzielt, hat mit Argumenten überzeugt. Seine Erkenntnisse sind auch in den Diskurs mit Schülern eingegangen. Mittlerweile gibt es Projekte an verschiedenen Schulen, die anhand seiner „Anleitungen“ Diskussionsstränge auf Facebook analysieren und daraus Erkenntnisse generieren. Auf seinem Blog „Die Kunst der Rechtfertigung“ berichtet Dr. Daniel-Pascal Zorn regelmäßig über seine Versuche, sich in Diskussionen philosophisch einzumischen.
Im Anschluss an die Veranstaltung führte der Klett-Cotta-Verlag für seinen Blog ein Interview mit dem Autor, das man hier ansehen kann.
Logik für Demokraten
Eine Anleitung
314 Seiten, gebunden
Klett-Cotta, Preis 20 €
zu erwerben in jeder Buchhandlung Ihres Vertrauens