Elsternest

Just Mercy – Ein grandioser Justizthriller

Verteidigung des zum Tode verurteilten Walter McMillin (Jamie Foxx) © Warner Bros.
Anwalt Brian Stevenson (Michael B. Jordan, links) vertritt den zum Tode verurteilten Walter McMillin (Jamie Foxx) vor Gericht                                                                                                        © Warner Bros.

 

Wer in den Jahren der Präsidentschaft von Donald Trump über Amerika den Kopf schüttelt, der wie kaum ein anderer Präsident vor ihm in jüngster Zeit das Land spaltet, sollte sich den Justizthriller „Just Mercy“ anschauen. Hier wird gezeigt, wie gespalten dieses Land schon immer war und wie Menschen, die an die amerikanische Verfassung glauben, den Kampf für Gerechtigkeit aufnehmen. Die daran scheitern können, aber auch Gerechtigkeit mit Hilfe der Gesetze wieder herstellen können. Der Film „Just Mercy“ konzentriert sich ganz auf seine beiden Protagonisten, den schwarzen Anwalt Brian Stevenson (hervorragend: Michael B. Jordan) und den zum Tode verurteilten Schwarzen Walter McMillian, alias „Johnny D.“, (Jamie Foxx). Er sitzt als Todeskandidat im Gefängnis und ringt um seine Würde.

Trailer zum Film

Wenn wir uns selbst betrachten, können wir die Welt besser machen

Nach Abschluss seines Studiums in Harvard hätte sich Bryan lukrative Jobs aussuchen können. Stattdessen geht er gegen den Willen seiner Familie nach Monroeville, Alabama, um zusammen mit der ortsansässigen Anwältin Eva Ansley (Brie Larson) Menschen zu verteidigen, die zu Unrecht zum Tode verurteilt wurden oder sich keine angemessene Verteidigung leisten können. Einer seiner ersten und Fälle ist der von Walter McMillian, der 1987 für den berüchtigten Mord an einer Achtzehnjährigen zum Tode verurteilt wurde. Das obwohl die meisten Indizien seine Unschuld bewiesen und die einzige Zeugenaussage gegen ihn von einem Kriminellen stammte, der ein Motiv hatte zu lügen. In den folgenden Jahren verwickelt Bryan Stevensons Kampf für „Johnny D.“und viele andere ihn in ein Labyrinth aus juristischen und politischen Manövern. Konfrontiert wird er mit offenem und ungeniertem Rassismus, während die Gewinnchancen – und das System – gegen seine Mandanten stehen.

Der Film ist so anders als das Filmdrama über Rassismus und Gerechtigkeit nach der Romanvorlage „Wer die Nachtigall stört“ von der Purlizer-Preisträgerin Harper Lee. Dieser Film zeigt den weißen, gutbürgerlichen Anwalt Atticus Finch (Gregory Peck) der in seiner Verteidigung eines zu Unrecht des Mordes angeklagten Afroamerikaners den institutionellen Rassismus des „Deep South“ der USA offen legt.

Fast 30 Jahre später, im Sommer 1987, mag das Nachtigallen-Museum zwar eine Sehenswürdigkeit für Touristen sein, am Schicksal der schwarzen Bevölkerung Alabamas hat sich offenbar nicht viel geändert.

Durch die konsequente „schwarze Sichtweise“ entfaltet der Film „Just Mercy“, der auf einem Buch des realen Anwalts Brian Stevenson beruht, eine viel größere Wucht als der 1962 mit Georgery Peck verfilmte Roman und wird damit zu einem Lehrstück über die ungleiche Behandlung von Personen mit unterschiedlicher Hautfarbe in Amerika. Es zeigt ein ungerechtes Justizsystem, das sich seit Jahren manifestiert hat und das nur allzu empfindlich auf das Infragestellen eines zweifelhaften Falls reagiert.

Wir alle brauchen Güte, wir alle brauchen Gnade

Der hawaiianische Regisseur Destin Daniel Cretton zeigt die Auswirkungen, die ein falsches Urteil auf die Betroffenen, auf ihre Familie und Freunde hat. Es sind betörende und zugleich schockierende Bilder, die der Regisseur in Szene gesetzt hat. Doch auch die Sichtweise des weißen Staatsanwalts, der seinen Fall dahinschwimmen sieht und damit hadert, auf welcher Seite der Geschichte er stehen will, nimmt er in den Blick.

„Just Mercy“ ist ein gewaltiges Justizdrama, das den unerschütterlichen Glauben seines Protagonisten an ein Rechtssystem, das für alle Menschen, egal welcher Hautfarbe, Gültigkeit besitzt, fulminant in Szene setzt. Dafür muss der Film die literarische Vorlage (die im Abspann ausführlich zitiert wird) nicht großartig verdichten. Er erzeugt beim Zuschauer ein Gefühl tiefer Betroffenheit. Verantwortlich dafür ist unter anderem die von Empathie getragene Ausarbeitung der Charaktere, deren Motive offen gelegt werden. „Just Mercy“ lässt einen sprachlos zurück und stellt eine zum Himmel schreiende Ungerechtigkeit in den Mittelpunkt.

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