Wieder einmal stelle ich fest, ich sehe nur das, was mir bekannt ist. Die Bilder von Christa Lippelt hängen schon seit Oktober in der Stadtteilbibliothek und ich habe sie nie wahr genommen. Erst als mich die Künstlerin auf ihre Ausstellung aufmerksam machte, schaute ich mir die Bilder genauer an.
Christa Lippelt, die in Königsberg geborene, ging in Bremen zur Schule und arbeitete als medizinisch-technische Assistentin in Stuttgart, wo sie auch wohnt. Seit ihrem Ausscheiden aus dem aktiven Berufsleben hat sie sich ganz der Malerei gewidmet, besuchte verschiedene Kunstakademien und stellt seit 2000 in Einzel- und Gruppenausstellungen ihre Werke dem Publikum vor.
Collagen, Acryl und Ölkreide
Zuerst fiel mir eine Collage auf, in die sie ein Bild ihres vor einiger Zeit verstorbenen Mannes zentral eingebunden hat. Das Bild ist von 2016, entstanden kurz nach dem Tod ihres Mannes. Das Schriftstellerhaus hatte im Dezember 2014 noch eine Lesung mit bereits schwer erkranken Christoph Lippelt veranstaltet und jeder der Anwesenden konnte sich ein Bild von dem feinsinnigen Schriftsteller und Arzt machen, den hier seine Frau in ihrem Bild verewigt hat.
Die hier ausgestellten Bilder stammen aus der Zeit von 2006 bis 2016, viele in kräftigen Acrylfarben gemalt aber auch Ölkreide setzt Christa Lippelt gerne ein, um Akzente zu setzten. Und immer wieder Collagentechnik wie die fünf Tulpenbilder, bei denen sie mit Acryl und Ölkreide Fotos übermalte und einen völlig neuen visuellen Ausdruck schaffte. Schicht für Schicht muss sich der Betrachter diese Bilder erschließen und setzt sie doch anschließend ganz individuell in seinem Kopf wieder zusammen.
Portraits von Romanfiguren aus dem Jahr 2007 öffnen den Blick auf die Chrakterinterpretation der Künstlerin, die man mit seinen eigenen Vorstellungen von Leyla, Yasmin und Sevgi abgleichen kann, so man den Roman von Feridun Zaimoglu gelesen hat, in dem sie vorkommen. Wenn nicht, kann man ihn gleich an Ort und Stelle ausleihen.
Es ist die gekonnte Verteilung von Form und Farben auf dem Papier, die die gemalten Porträts der literarischen Figuren auch hier im Kopf des Betrachters neu entstehen lässt und somit einen anderen Blick auf die vermeintliche Wirklichkeit erlauben, die ja nur eine literarische ist.
Ausruhen nach dem Streifzug in der besucherfreundlichen Stadtteilbibliothek
Neben den vielen „Portraitbildern“ entdeckt man beim Streifzug durch die Stadtbibliothek großflächige Landschaftsbilder der Künstlerin von nächtlichen Inseln oder den Monte Baldo, diesem imposanten Bergmassiv am Gardasees. Hat man sich an all den Farben und Formen der Künstlerin Christa Lippelt satt gesehen, so bietet die Stadtbibliothek dem Besucher in der Leseecke einen Kaffee oder Espresso an, bei dessen Genuss die Eindrücke nachwirken können.
Die im Oktober 2016 eröffnete Ausstellung ist noch bis Anfang April diesen Jahres in der Stadtteilbibliothek Bad Cannstatt, Überkinger Str. 15 in Stuttgart zu sehen.