Elsternest

Nachdenkzeilen – Das wird man doch wohl sagen dürfen

Nachdenkzeilen 1
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Mit dem „Volksempfinden“ ist es so eine Sache, besonders, wenn es in den Farben SCHWARZ – ROT – GOLD daherkommt. Es ist nur ein kleiner Schritt von abfälligem Reden zur Hetze. Das erleben wir in diesen Tagen in verstärktem Maße, vor allem in den neuen Medien: auf Facebook, Twitter und in Blogs. Einer, der es zu weit getrieben hat, ist der Autor Akif Pirinçci. Nachdem er das Genre des Katzenkrimis verlassen hat, verlegte er sich auf das Schreiben von Schmähschriften. Seine Rede in Dresden war der Höhepunkt der Hasstiraden, die er seit Monaten im Internet verbreitet hatte und die er zwischen zwei Buchdeckel unter das Volk bringt wollte. Er ist von der Buchbranche ausgebremst worden.

Aber im Internet schreibt er weiter und es gibt viele, die seinen Hass auf Flüchtlinge, Asylsuchende und „Gutmenschen“ mit einem „Like“ veredeln. Es gibt eine andere Variante, die auch Herr Schrade, AfD-Mitglied, wählte. Auf seiner Internetseite „Die Wähler sind frei“ hatte er über die Rede berichtet, ohne eine explizite Stellungnahme zum Inhalt zu liefern. Als die Anstifter in einem Blogbeitrag kritisch fragten, ob eine Einrichtung wie das Weltcafé im Welthaus Stuttgart sich von ihm mit Waren beliefern lassen sollte, schaltete er kurzerhand die Inhalte seines Blogs ab. Es wäre jedem Leser deutlich geworden, in welche Richtung er verlinkt: weit ins rechte Lager. Die Anstifter haben zum Denken angeregt und die lebhafte Diskussion hat gezeigt, man kann etwas gegen rechtes Gedankengut machen. Man kann und soll gegen Metaphern anschreiben, die menschliches Leid mit Naturereignissen umschreiben, wie es gerade wieder Finanzminister Schäuble getan hat, der das Bild einer Lawine in die Flüchlingsdebatte einführte. Schlimm? Das wird man doch wohl sagen dürfen!

Mittlerweile werden Begriffe wie Welle, Zustrom, Krise in den Diskussionen wie selbstverständlich verwendet. Naturmetaphern haben Begriffe wie Scheinasylanten, Asyl- und Sozialmissbrauch verdrängt. Die sprachliche Bandbreite ist groß. Sie reicht von der Fäkalsprache eines Akif Pirinçci über Hasskommentare bis hin zu verschwurbelten Zahlenspielereien von Sozialwissenschaftlern und besorgten Lokalpolitikern. Was sie eint? Die gesellschaftliche Mitte wird nach rechts verschoben. Rechtspopulistische Parteien und Bewegungen nehmen deutlich zu, nicht nur in Deutschland. Das Phänomen ist in vielen Ländern Europas zu beobachten. Ein Verlag, der rechtspopulistisches Gedankengut verbreitet wie der Kopp-Verlag, kann über die Stuttgarter Zeitung und die Stuttgarter Nachrichten sein Werbematerial verschicken. Die Stuttgarter Presse als Briefträger eines rechts außen angesiedelten Verlages? Was dagegen zu tun ist? Der Talmud kann bei der Beantwortung der Frage hilfreich sein:

Achte auf Deine Gedanken / Denn sie werden Worte.
Achte auf Deine Worte / Denn sie werden Taten.
Achte auf Deine Taten / Denn sie werden Gewohnheiten.
Achte auf Deine Gewohnheiten / Denn sie werden Dein Charakter.
Achte auf Deinen Charakter / Denn er wird Dein Schicksal.

Beginnen wir nachzudenken und wählen wir eine Sprache, die dem Hass keinen Raum lässt. Stehen wir hin, wenn das „gesunde Volksempfinden“ sich auf die Straße begibt und eine Weltreligion unter Generalverdacht stellt. Nennen wir diejenigen beim Namen, die rechtspopulistisches Gedankengut zum Mainstream machen wollen. Stiften wir an zur Mitmenschlichkeit.

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