Elsternest

Nicht nur an Feiertagen gute Reden halten!

Volkstrauertag
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Wie in den vergangenen Jahren beteiligten sich die Schülerinnen und Schüler der 8. und 9. Klasse der Flattichschule Münchingen an der Ausgestaltung der Feierstunde zum Volkstrauertag. Sie hatte sich im Religions- und Ethikunterricht Gedanken zum Thema Heimat gemacht. Wir gedenken an diesem Tag den Opfern von Krieg und Vertreibung. Vertreibung bedeutet: Verlust der Heimat. Aus den Statements der Schülerinnen und Schüler war herauszuhören, dass viele ihrer Familien aus anderen Ländern zu uns gekommen sind. Die Umstände des Weggangs aus der ehemaligen Heimat blieben in vielen Statements der Jugendlichen ungenannt. Deutlich wurde jedoch, dass sie hier eine neue Heimat gefunden haben, die sie schätzen, wiewohl sie sich weiterhin mit der Heimat ihrer Familien verbunden fühlen. In einem Beitrag kam die Vertreibung durch Krieg zum Ausdruck:
Ich finde meine Heimat sehr spannend, denn sie ist nicht so wie in Deutschland. Bei uns ist alles kaputt – nicht alles – aber vieles! Das kommt vom Krieg! Es ist halt schade, wenn man sein Land verlässt, aber in Deutschland gibt es auch Stadtviertel mit meiner Heimat.“

Am Volkstrauertag werden wichtige Reden gehalten

Dr. Koblinger, Vorsitzender des Sozialverbands VdK (Verband der Kriegsbeschädigten, Kriegshinterbliebenen und Sozialrentner Deutschlands e. V.), ging in seiner Rede ebenfalls auf das Thema Vertreibung ein. Er erinnerte daran, dass der VdK von Überlebenden des Kriegs, von den Beschädigten und Geschädigten, also den Kriegsbehinderten ohne Augen, Arme, Beine, den Witwen und Waisen gegründet wurde. Der VdK hat sich zur Aufgabe gemacht, die Erinnerung an die Erfahrungen des Krieges wach zu halten. Zunehmend gerät sie in Vergessenheit. An Tagen wie diesem wird daran erinnert. Aber leider ist das noch nicht in unseren Alltag eingeflossen, immer und überall gegen Krieg aufzustehen. So hatte der Bürgermeister von Korntal-Münchingen im letzten Jahr angesichts der anhaltenden Kriegsgräuel im Nahen Osten die Solidarität mir den zu uns Flüchtenden angemahnt. Hatte das positive Engagement vieler Bürger unser Stadt in der Flüchtlingsarbeit hervorgehoben. Aber dann musste er dieses Jahr erleben, dass die Pläne der Stadt Korntal-Münchingen zur Errichtung eines Flüchtlingsheims im Stadtteil Korntal von „besorgten Bürgen“ torpediert wurden. Sie initiierten ein Bürgerbegehren mit dem Ziel, den Bebauungsplan am Friedhof zu kippen.

In seiner Rede hatte Dr. Koblinger ausgeführt:
„Fundamentalismus, Rechts- und Linksradikalismus oder Fanatismus, die Menschen aufgrund ihrer Religion, Herkunft oder Behinderung zu Menschen zweiter Klasse herabstufen, darf kein Nährboden gegeben werden. “

Vorurteile abbauen durch solidarisches Handeln

Der durch das Bürgerbegehren initiierte Bürgerentscheid zur Verhinderung der Errichtung einer Flüchtlingsunterkunft ist nicht erfolgreich gewesen. Hätte nur der Stadtteil Korntal abgestimmt, wäre er abgelehnt worden. Mit den Stimmen der Münchinger wurde ein Bebauungsstopp verhindert. Nun will der Bürgermeister Dr. Joachim Wolf die aufgerissenen Gräben wieder zuschütten. Es ist davon auszugehen, dass es gar keine Gräben gibt! In persönlichen Gesprächen mit den Münchingern gaben viele unumwunden zu, dass sie den Bürgerentscheid zum Baustopp ablehnen, damit die Suche nach einem geeigneten Bauplatz nicht in Münchingen aufgenommen wird.

Es gibt trotz guter Feiertagsreden fest sitzende Vorurteile und leider haben viele Menschen immer noch nicht begriffen, dass eine wichtige Voraussetzung zur Verhinderung von Krieg und Vertreibung uneingeschränkte Solidarität mit allen Menschen ist. Rufen wir uns in Erinnerung, was Dr. Koblinger in seiner Rede ausführte:
„Lassen Sie uns diesen heutigen Volkstrauertag zum Anlass nehmen, Gedenken, Trauer und Erinnerung in verpflichtendes Nachdenken und aktives Handeln umzusetzen.  Jeder an seiner Stelle.“

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