Nicht der schon wieder, mag man denken, angesichts der Meldung, dass Oskar Lafontaine die Linkspartei verlässt. Der frühere Vorsitzende der Partei verkündete diesen Schritt in Saarbrücken. Zur Begründung sagte er:
„Ich wollte, dass es im politischen Spektrum eine linke Alternative zur Politik sozialer Unsicherheit und Ungleichheit gibt, deshalb habe ich die Partei Die Linke mitgegründet. Die heutige Linke hat diesen Anspruch aufgegeben“.
Der Schritt hatte sich angekündigt
Richtig überraschend kommt das nicht. Lafontaine focht dort seit Jahren einen Machtkampf mit dem Landesvorsitzenden Thomas Lutze aus. Die Auseinandersetzung trug starke Züge eines Mafia-Stücks auf dem Schmierentheater. 1999 verließ er deutlich schmallippiger die SPD. Er warf Hals über Kopf den SPD-Vorsitz und den Finanzminister-Posten hin. Den nach Saarbrücken reisenden Reportern zeigte er sich mit seinem kleinen Sohn auf dem Arm wortlos auf seinem Balkon. Seht her, ich bin jetzt Privatier und Vater. Dass er damit sein Kind instrumentalisierte, hat ihn nicht gestört.
Besserwisserei hat nichts mit besser Wissen zu tun
Doch schon bald nach dem Weggang begann er seine Weltsicht wieder auszubreiten und suchte die Öffentlichkeit in Talkshows. Hier wusste er alles besser, ähnlich wie ein anderer Mann, Peter Scholl-Latour, der immer bei Fragen des Islams zum Einsatz kam. Ob Oskar Lafontaine als Redakteur bei Albrecht Müllers Nachdenkseiten arbeiten wird? Dort würde er mit seinem tief sitzenden Antiamerikanismus gut hinpassen. Albrecht Müller hat schon vor Jahren dazu aufgefordert, Journalisten zu entlarven, die sich durch zu große USA-Nähe hervorgetan haben. Einen regelrechten Pranger stellte er auf seiner Onlineplattform auf. Seit Anfang der Corona-Krise haben sich die Nachdenkseiten zusehends in die Riege der Rauner angeblicher Verschwörungen eingereiht. Und so verwundert es auch nicht, dass Albrecht Müller den Austritt von Lafontaine nicht als „Wetterwendigkeit“ eines verdienten Politikers interpretiert, sondern schreibt:
„dieser Eindruck entspringt einer Täuschung oder einem Mangel an richtiger Einschätzung. Eigentlich sind die Entscheidungen von Oskar Lafontaine die konsequente Folge einer Veränderung von Parteien in Deutschland, die von außen bewirkt und gesteuert ist.“
Nun greifen auch ehemals Linke zu düsteren Verschwörungserzählungen
Um gleich einer möglichen Verschwörungstheorie einen Riegel vorzuschieben, wiewohl er gerade eine solche formuliert hat:
„Das ist keine Verschwörungstheorie, sondern das Ergebnis einer kritischen und offenen Analyse der Machtverhältnisse in unserem Land und in der Welt.“
Dahinter stecken natürlich die Reichen dieser Welt, die überall die Fäden ziehen, die die sozialen Flügel in CDU und CSU kräftig gestutzt hatten und – man höre und staune – auch für die Entmachtung von Willy Brandt verantwortlich waren. Seinen geliebten Kanzler, dem er lange gedient hatte. Nach dem ging es nur noch bergab und die Verwirrtheit von Albrecht Müller und die um ihn versammelten Köpfe in der Redaktion der Nachdenkseiten nahm zu. Er paktierte mit Ken Jebsen, der Friedensquerfront nach der Annexion der Krim und verbreitete fleißig die Putinsche Propaganda, indem er dem Videokanal Russia Today breiten Raum einräumte.
Was macht ein Oberlehrer im Ruhestand?
Was bleibt diesen verbitterten Linken? In Talkshows wird ein Oskar Lafontaine vermutlich nach seinem Rücktritt nicht mehr eingeladen. Er könnte seinen Drang, die Welt zu erklären, im Bücherschreiben ausleben. Seine Frau Sahra Wagenknecht macht das erfolgreich seit einigen Jahren und bessert dadurch die Haushaltskasse erheblich auf. Ob das für ihn ein Weg ist, da er sich nun nicht mehr das Etikett eines Querdenkers in der eigenen Partei anheften kann, wie es Sahra Wagenknecht, Boris Palmer oder Sarrazin machen? Ein Ausweg bliebe dem Privatier Oskar: Die vier machen einen Podcast mit Albrecht Müller als Host. Arbeitstitel: Wir Ausgestoßenen