Genau vor einem Jahr, am 27. Januar 2020, zum 75. Jahrestages der Befreiung des deutschen Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau, stellten die AnStifter ihren Auschwitz Appell auf einer Pressekonferenz in Stuttgart vor. Darin wird die Bundesregierung aufgefordert, dauerhaft die Gedenkstätten in Auschwitz-Birkenau durch finanzielle Unterstützung zu erhalten.
Die Konfrontation mit dem Leid der Gefangenen
Anfang Oktober 2019 hatte eine Gruppe von AnStiftern die Stätten des Grauens in Polen besucht und sich der Erinnerung gestellt. Ich war Teil der Reisegruppe. Angesichts des unendlichen Leids, das die Deutschen in ihrem KZ über die überwiegend jüdischen Menschen brachten, konnte ich nur schweigend versuchen, mich mit den Menschen zu verbinden. Worte fand ich nicht in den Baracken und den restaurierten Gebäuden der Gedenkstätte.
Zwei große Lager-Komplexe existierten in Auschwitz
Das KZ Auschwitz (Auschwitz II.) wurde 1941 in unmittelbarer Nähe der Stadt Auschwitz (polnisch „Oswiecim“) erbaut und hatte den Titel „Vernichtungslager“. Als Symbol des Holocaust machte der Name „Auschwitz“ Geschichte. Heute gehen Forscher davon aus, dass mindestens 1,3 Millionen Menschen nach Auschwitz deportiert wurden. 1,1 Millionen von ihnen starben. Etwa eine Million der Getöteten waren Juden. Außerdem kamen mindestens 70.000 Polen, 21.000 Roma, 14.000 sowjetische Kriegsgefangene sowie 10.000 Tschechen, Belarussen und andere Opfer ums Leben. Deportierte Juden, die im Lager ankamen, wurden oft entweder direkt nach Ankunft vergast, erschossen oder vor ihrer Ermordung für medizinische Zwecke missbraucht. Viele Insassen starben an Unterernährung, Krankheiten und Misshandlungen .
Rudolf Höß leitete von 1940 bis November 1943 als Kommandant das Konzentrationslager Auschwitz. Er ließ im Auftrag von Heinrich Himmler das Lager II in unmittelbarer Nähe des schon bestehenden Lagers Auschwitz I. erbauen. Auschwitz I diente als Arbeitslager für sowjetische und polnische Gefangenen. Auschwitz II wurde direkt neben dem kleinen Dorf Birkenau errichtet, die Einwohner des Dorfes wurden gezwungen ihre Häuser zu verlassen und die Häftlinge von Auschwitz I. wurden zum Bau des neuen Lagers berufen.
Die zwei Konzentrationslager sind als Museum frei zugänglich und zu Gedenkstätten des Holocaust und zu jüdischen Friedhöfen geworden. Seit 1979 zählt der größte Teil des ehemaligen Lagergeländes zum UNESCO-Welterbe.
Auschwitz darf nie eine Frage des Geldes werden
Die Historikerin, die unsere Gruppe in beide Lager führte, erläuterte auch, welche Summen für den dauerhaften Erhalt der Gedenkstätten notwendig sind. Es sind Beträge, die jährlich in die Millionen gehen. Für den größten Teil der Kosten kommt der polnische Staat auf. Es ist zu befürchten, dass angesichts der finanziellen Belastung die Gedenkstätten und die Museen existenziell bedroht sein könnten. Mit dem Auschwitz Appell wollten die AnStifter die Bundesregierung auffordern, sich finanziell dauerhaft zu engagieren. Darin heißt es:
„Wir appellieren am Auschwitz-Gedenktag 2020 an die Bundesrepublik Deutschland, an die deutsche Öffentlichkeit, in Anerkennung der historischen Schuld diese Erbschaft anzunehmen und alles zu tun, dass dieses Mahnmal auf Dauer als Erbe der Menschheit erhalten wird.“
Auschwitz darf nie eine Frage des Geldes werden, betonte Peter Grohmann vor einem Jahr. Als „Nation der Täter“ können wir trefflich darüber streiten, welche Form des Gedenkens angemessen ist. Auschwitz ist Teil der deutsche Geschichte und wirft Fragen auf. Debatten, Auseinandersetzungen und intensiver Beschäftigung mit der Vergangenheit. Aufgrund der Pandemiesituation während der vergangen neun Monate, konnten diese Diskussionen in der Öffentlichkeit nicht geführt werden. Das Ziel war, 100.000 Menschen zur Unterschrift zu bewegen. Immerhin konnten mittlerweile – unabhängig von Veranstaltungen zum Thema – 10.000 Personen davon überzeugt werden, diesen Appell zu unterzeichnen. Dazu kommen zahlreiche Verbände und Institutionen, die ebenfalls den Appell unterstützen.
60 Millionen Euro von der Bundesrepublik
Die Bundeskanzlerin hatte angesichts des 75. Jahrestages der Befreiung des Lages zugesagt, dass Deutschland sich mit bis zu 60 Millionen Euro an dem Erhalt der Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau beteiligen wird.
Wird der Druck der gesammelten Unterschriften ausreichen, um die Bundesregierung dazu zu bewegen, dass sie eine Zusage über eine dauerhafte Übernahme der Unterhaltskosten leistet?