Wenn sich die Darsteller im Familie Flöz Stück Feste nach eindreiviertel Stunde ohne Masken dem Publikum zeigen und den frenetischen Applaus entgegennehmen, reibt sich so mancher verwundert die Augen, dass es nur drei Darsteller bedarf, um diese komplexe Welt im Stück auf die Bühne zu bringen.
Im ausverkauften Saal des Theaterhauses schlüpfen Andres Angulo, Johannes Stubenvoll und Thomas van Ouwerkerk am 30. März 2023 in etwa dreimal so viele Charaktere. Frauen wie Männer spielen sie gleichermaßen charakteristisch, ihr wahres Gesicht immer hinter Masken verborgen, ganz dem Körperausdruck verschrieben. Kleinste Gesten machen klar, worum es geht, verleihen dem dargestellten Charakter Authentizität.
Worum es geht
In einem herrschaftlichen Haus am Meer soll eine Hochzeit stattfinden. Im Hinterhof der Villa herrscht große Aufregung. Es wird geliefert, gereinigt, aufgeräumt, bewacht und entsorgt. Vom Hausmeister bis zum Koch, von der Putzfrau bis zum Manager. Alle geben ihr Bestes, damit das Fest im hohen Hauses ein unvergessliches Erlebnis wird. Soweit das grundsätzliche Setting des Stücks. Darum herum entwickeln und verändern sich die Charaktere.
Die Bediensteten versuchen im Schatten der festlichen Villa, ihren Platz in der strikten Hackordnung zu sichern. Sie kämpfen im Trubel der hektischen Vorbereitungen um ihre Würde und den Respekt der Starken und Reichen wiewohl sie doch dazu verurteilt sind, im Hintergrund zu stehen. (Videotrailer siehe hier)
Die Ordnung gerät von außen durcheinander
Die scheinbar klare Ordnung von oben und unten gerät durch eine hochschwangere, mit einem schweren Rucksack beladene Obdachlose aus den Fugen. Sie sucht Zuflucht im Müllbereich des Hofes. Im Tausch für Schutz und das Nötigste bietet sie bald diskret ihre Hilfe an. Wie von Wunderhand webt die Fremde ein feines Netz von Beziehungen und das Leben der Bewohner wie des Personals beginnt sich schleichend zu verändern. Rollen werden aufgelöst, ehemals starre Verhaltensweisen werden flexibel, ein schwuler Angestellter entdeckt die Liebe zu einem Briefträger.
Während in der Villa die Hochzeit der Tochter des Hauses mit Glamour, Partytrubel und schönem Schein gefeiert wird, findet im Hinterhof das Fest des Lebens in Form der Geburt eines Kindes statt. Auch die Geburt ist nicht ohne Brüche aber dort, wo sich ein Abgrund auftut entsteht auch neue Kraft und Glück.
Slapstick, ein immer wiederkehrendes Element von Familie Flöz
Wie auch schon bei ihren vorhergehenden Stücken, durchzieht auch diese Familie Flöz Inszenierung ein immer wieder auftauchender Slapstick. Hier ist es der Hausmeister, der vergeblich versucht, eine Lampe zu reparieren und trotz immer wieder erlittener Stromschläge tapfer den Schraubenzieher zückt.
Das Stück kommt ganz ohne Worte aus. Der mimische Ausdruck der Schauspieler ist durch die Masken unterbunden. Nur durch ihre Pantomime gelingt es ihnen, die Geschichte auf der Bühne zu entfalten und es entsteht der Eindruck, die Masken hätten mehr Leben in sich als ein menschliches Antlitz. Sparsam eingesetzte Musik und atmosphärische Geräusche runden das Spiel der drei Schauspieler perfekt ab. So entsteht ohne Worte ein Märchen für Erwachsene, in dieser für Familie Flöz so charakteristischen, poetischen Mischung aus bitterer Tragödie und düsterem Slapstick. Eine tragikomische Geschichte über die Jagd nach dem individuellen Glück, die auf beeindruckende Weise berührt.