Elsternest

Timothy Snyder kämpft gegen die Tyrannei

Nora Krug, Timothy Snyder Über Tyrannei

Timothy Snyder hat eine Brandschrift verfasst: Über Tyrannei – Zwanzig Lektionen für den Widerstand. Sie trifft den politischen Nerv unserer Zeit, in der überall auf der Welt die Demokratien unter dem Ansturm eines neuen Autoritarismus wanken. Er kommt am 20. November 2021 im Literaturhaus Stuttgart mit Nora Krug ins Gespräch. Die 1977 in Karlsruhe geborene deutsch-amerikanische Illustratorin und Autorin lebt heute in New York. Von dort ist sie für das Gespräch mit Timothy Snyder an diesem Abend zugeschaltet. Nora Krug hat seine bereits 2017 erschienene Streitschrift illustriert. So ist in seinem Buch eine visuelle Ebene eingezogen worden. Sie hat Snyders Kombination aus historischen Perspektiven und konkreten Maximen in ihre ganz eigene Bildsprache übertragen. Der 1969 geborene US-amerikanische Zeithistoriker beschäftigt sich vor allem mit dem Holocaust, Totalitarismus und der Geschichte Osteuropas.

Eine politische Brandschrift eines Geschichtsprofessors

In Über Tyrannei hat der renommierte Geschichtsprofessor aus Yale eine hochpolitische Brandschrift verfasst, die sich wie eine letzte Warnung vor der drohenden Apokalypse liest. Die Schrift richtet sich gegen Demagogen, Wahrheitsverdreher, Demokratieverächter. An keiner Stelle fallen die Namen von Donald Trump, Recep Tayyip Erdogan oder Marine Le Pen. Aber wenn man weiß, das Timothy Snyder einer der schärften Kritiker auf Seiten der amerikanischen Intellektuellen von Donald Trump war, sind diese Politiker auf jeder Seite mitgedacht.

Timothy Snyder ist überzeugt, dass die Geschichte der modernen Demokratie eine des Verfalls und des Untergangs sei. Er kann dabei auf die vielen aufblühenden Demokratien der vergangenen Jahrzehnte verweisen, die schon nach kurzer Zeit wieder verwelkten. Deutschland in den Zwanzigern, die Tschechoslowakei in den Vierzigern, Russland in den Neunzigern. Und die Liste wird immer länger. In den vergangenen Jahren verloren etwa Ägypten und die Türkei ihre demokratische Rechtsstaatlichkeit, Ungarn und der komplette Westbalkan stehen auf der Kippe, Präsidialdemokratien wie die USA oder Frankreich könnten als nächstes dran sein. Hier setzt Snyder an. Seine Hoffnung: Geschichte wiederholt sich nicht. Allerdings könnten wir aus ihr lernen.

Alles schon mal dagewesen!

Timothy Snyders Kernthese: alles schon mal dagewesen. Bereits in den Dreißigerjahren sei die gewaltige Zustimmung für Alleinherrscher primär eine Reaktion auf die Globalisierung gewesen, damals wie heute begleitet von schweren Wirtschaftskrisen. Wenige Jahre später standen ganz gewöhnliche Menschen plötzlich mit einer Schusswaffe in der Hand an Todesgruben.

Jede Lektion illustrierte Nora Krug auf eine andere Art und Weise. Heraus gekommen ist ein anschauliches Werk, eine Anleitung zur Verhinderung von Tyrannei. Einige ihrer Illustrationen zeigt sie an diesem Abend im Literaturhaus. Und da ist die „elektronische Veranstaltung“ das richtige Format, um zwischen Laptop-Bildschirm und Sprechenden elegant hin und her zu schalten.

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