Elsternest

Töpferkunst und Kultstätten – La Gomera (9)

Marienstatur und Töpferkunst

Eigentlich hatte M. heute eine Wanderung vom Bergdorf El Cercado nach Chipude geplant. Aber die Sonne gestern hat das vereitelt. So wird aus der Wanderung eine Autotour in die beiden besonderen Dörfer auf dem Hochplateau von La Gomera. Von der Küste geht es in vielen Kurven hinauf.

Bekannt ist das Bergdorf El Cercado im Hochland von La Gomera für seine Töpferkunst. Noch heute stellen die Töpferinnen von El Cercado Keramikkunst nach überlieferter Art her. Ob Krüge, Schalen oder Becher, alles entsteht ohne Drehscheibe. Das Töpfergut erhält seine charakteristische farbige Glasur durch das Einreiben mit sienaroter Tonerde. Anschließend wird die Ware im holzgefeuerten Steinofen gebrannt. All das über die hiesige Töpferkunst überfährt M. im Interpretationszentrum Las Locera“ von El Cercado. Im Ausstellungsraum mit einer Sammlung der traditionellen Töpferstücke wird alles ausführlich erklärt und ein kleiner Film zeigt die noch heute am Ort aktiven Töpferinnen bei ihrer Handwerksarbeit. Die Töpferwerkstätten kann man besuchen, wenn heute nicht Sonntag wäre und die Töpferinnen deswegen ihre Arbeit ruhen lassen. Auf jeden Fall will unsere kleine Reisegruppe an einem Werktag wiederkommen, um den Frauen über die Schultern kucken zu können. Von El Cercado geht es ein paar Kilometer weiter in das noch ein wenig höher gelegene Dorf Chipude.

Da bricht die katholische Erziehung durch

Das Dorf ist für seine Muttergottesstatur in der Kirche Nuestra Señora de Candelaria bekannt. Hier wird die Muttergottes als Patronin von Chipude verehrt. Als M. die Kirche aus dem 16. Jahrhundert betritt, beginnt gerade eine Messfeier unter der Leitung eines fülligen Priesters in weißen Turnschuhen. M. macht der Geruch des Weihrauchs glücklich, das bei der Liturgiefeier reichlich zum Einsatz kommt. Gleich zu Beginn wird der Altar, die aufgeschlagene Heilige Schrift und eine Heiligenfigur „eingeräuchert“. Bilder aus seiner Vergangenheit als Messdiener steigen in ihm lebhaft auf: Er liebte es, das Weihrauchfass kräftig zu schwingen, um die Durftwolke des süßlich riechenden Harzes in der ganzen Kirche zur Entfaltung zu bringen.

Der Tafelberg als Schicksalsberg

Tafelberg La Fortaleza

Welch ein Gegensatz zur Feier in der Kirche die Kulisse des Tafelberges La Fortaleza: Früheren Bewohnern dieser Gegend diente er als Kultstätte, die sich im Gegensatz zu den Christen ganz der Natur und ihrern Kräften anvertrauten. Die Ureinwohner La Gomeras nannten ihn Argoday (den Mächtigen) und betrachteten ihn als eine ihrer heiligsten Stätten. Archäologische Funde von Tierknochen über Werkzeug bis hin zu Steinaltären zeugen davon, dass die Gomeros hier einst kultische Riten vollzogen. Er wurde den Gemoras allerdings nach der Eroberung durch die Spanier zum Todesberg. Zwei der vier Fürstentümer der Ureinwohner leisteten den Spaniern über Jahrzehnte hinweg hartnäckig Widerstand. Die letzten Widerstandskämpfer sollen sich auf die Fortaleza zurückgezogen haben. Am Ende trafen sie eine tragische Entscheidung: Um sowohl einen qualvollen Hungertod als auch die Unterwerfung unter die Spanier zu vermeiden, stürzten sie sich die Fortaleza hinab.

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