Die Nutzung einer vermeintlich gendergerechten Sprache hat in den letzten Jahren immer weiter zugenommen. Richteten sich Stellenausschreibungen vor Jahrzehnten noch gleichberechtigt an Frauen und Männer (w/m), so wurde in den letzten Jahre die Schreibweise (w/m/d) etabliert, wobei das „d“ für das dritte Geschlecht (divers) steht.
In Zeitungen und Onlinebeiträge gibt es eine Vielzahl von Varianten, um alle Geschlechter und Transitionen in der Sprache zu berücksichtigen. Das macht das Lesen von Texten nicht gerade einfacher. Glücklicherweise hat sich diese Schreibweise noch nicht in der erzählenden Literatur durchgesetzt. Neulich sprach ich mit einem guten Freund (ehemaliger Deutsch- und Englischlehrer), darüber. Der hat mir seine Glosse zu einer gendergerechten Sprache geschickt, die ich gerne als Gastbeitrag auf meinem Blog veröffentliche.
Vorschläge für die Etablierung einer gendergerechten Sprache
Ein Gastbeitrag von Bernhard Bathiany
Es ist inzwischen unbestritten, dass die deutsche Sprache im gegenwärtigen Zustand ein Erbe verkörpert, bei dem es in erster Linie um männliche Vorherrschaft geht. Noch vor nicht allzu langer Zeit konnte jemand eine Belegschaft aus Männern und Frauen mit werte Kollegen anreden und sich darauf berufen, dass die unter Umständen in deutlicher Mehrheit anwesenden Frauen selbstverständlich mitgemeint seien. In der Folge wollten die werten Kolleginnen aber nicht nur stillschweigend mitgedacht, sondern auch aktiv mit angesprochen werden. Sie haben es dann auch wirklich geschafft, ein gewisses Problembewusstsein zu erzeugen, sodass man sich gedrängt fühlte, jedes Mal beide Geschlechter zu erwähnen – die Arbeitskolleginnen und Arbeitskollegen, die Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer, die Raumbelüftungsanlagenüberprüferinnen und Raumbelüftungsanlagenüberprüfer usw. usf. und natürlich auch im Folgenden für jede einzelne wiederholte Personenbenennung in jeweils maskuliner und femininer Formulierung. Bald erwiesen sich jedoch die ständigen Doppelungen der männlichen und weiblichen Formen als eher lästig und bei längeren schriftlichen Ausführungen als massive Behinderung des Leseflusses, sodass bald viele kreative Neuerungsvorschläge aufkamen: Binnen-I, gender gap und Gendersternchen etwa. Aber leider scheint auch das keine überzeugende Lösung zu sein, denn inzwischen wollen ja auch Leute mitgenannt werden, die sich weder als eindeutig männlich noch als eindeutig weiblich empfinden – und zudem ist die Reihenfolge in allen drei Versionen noch immer der männlichen Dominanz geschuldet. Außerdem bleiben noch viele weitere Probleme ungelöst, sodass die Diskussion mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit weitergehen wird.
Man mag von den einzelnen bisherigen Vorschlägen halten, was man will, ausgewogen und gerecht ist unser Sprachalltag wirklich nicht. Allerdings entsteht dieser Eindruck vor allem auch, weil nur wenige Sprachteilnehmer in der Lage zu sein scheinen oder gleich gar nicht willens sind, in Bezug auf unsere Sprache in den betreffenden sprachlichen Kategorien zu denken, also etwa zwischen biologischem Geschlecht und grammatischem Genus zu unterscheiden: Schließlich hat ja die Grenze genau so wenige weibliche Eigenschaften wie der Topf männliche. Der Grenzer mag ja nun im Gegensatz zur Töpfin als umgangssprachliche Ausdrucksweise wirklich existieren, bezeichnet aber definitiv nicht die männliche im Gegensatz zur weiblichen Grenze. Ratten, Mäuse und Ameisen gelten sprachlich alle als feminin, während Marder, Wölfe und Eichelhäher als maskulin verstanden werden. Man/Frau kann sich natürlich denken, dass es die totgeschwiegenen Ratter, Mauser und Ameiser genauso geben muss wie die sprachlich unterschlagenen Marderinnen, Wölfinnen und Vögelinnen jeglicher Art.
Noch übler gestaltet sich die Situation im Bereich der sprachlichen Neutra, wo etwa Pferden, Eichhörnchen und Mädchen männliche oder weibliche Geschlechtsmerkmale genauso vorenthalten werden wie Handtüchern, Hoftoren oder Büchern. Für die betroffenen Tiere ist das weniger erheblich, da sie ja unsere Sprache gar nicht verstehen, für die Mädchen jedoch ist das keinesfalls zumutbar.
Zugegeben, dieser Fall ist ein eher randständiges Problem, sollte aber, wie auch viele andere „Kleinigkeiten“, etwa die generalisierenden Ausdrücke man, jemand, niemand für sowohl Männer als auch Frauen, Hermaphroditen und Transgender, bei einer gelungenen Sprachrevision unbedingt mitbedacht werden.
Für eine konsequente Lösung dieses Problems bietet es sich in einem ersten Schritt an, bei der Benennung von Personen alle geschlechtsspezifischen Hinweise zu tilgen, indem man davon betroffene Suffixe durch x und ganze Wörter durch X ersetzt, um die Dimension der Problematik zunächst einmal zu verdeutlichen und sie in der Folge dann ganz wegzulassen. An einem fiktiven Brief einer/eines Patientin/Patienten an ihren/seinen/ihre/seine Arzt/Ärztin lässt sich das leicht veranschaulichen:
Sehr geehrter Herr Professor Dr. Müller,
ich war letzte Woche zur Blutabnahme in Ihrer Praxis und habe mit Ihnen vereinbart, dass ich mir einen Ausdruck der Werte abholen kann, sobald diese Ihren Helferinnen vorliegen. Nun hat mir aber gestern Ihre Helferin Renée Haiger mitgeteilt, dass sie das ohne Ihre vorherige Billigung aus Datenschutzgründen nicht ausführen könne. Ich darf Sie also darum bitten, Frau Haiger und ihre Kolleginnen ausdrücklich zum Ausdrucken meiner Werte zu ermächtigen.
Mit freundlichen Grüßen
Die Bewusstmachung sieht so aus:
Sehr geehrtx X X X Müllx,
ich war letzte Woche zur Blutabnahme in Ihrer Praxis und habe mit Ihnen vereinbart, dass ich mir einen Ausdruck der Werte abholen kann, sobald diese Ihren Helfxn vorliegen. Nun hat mir aber gestern Ihrx Helfx Renx Haigx mitgeteilt, dass X das ohne Ihre vorherige Billigung aus Datenschutzgründen nicht ausführen könne. Ich darf Sie also darum bitten, X Haigx und ihrx Kollegx ausdrücklich zum Ausdrucken meiner Werte zu ermächtigen.
Mit freundlichen Grüßen
Bei dem anzustrebenden kompletten Wegfall aller geschlechtsspezifischen Formen bei der Benennung von Personen gelangt man/frau zu folgendem leicht verständlichen Text:
Sehr geehrt Müll,
ich war letzte Woche zur Blutabnahme in Ihrer Praxis und habe mit Ihnen vereinbart, dass ich mir einen Ausdruck der Werte abholen kann, sobald diese Ihren Helf vorliegen. Nun hat mir aber gestern Ih Helf Ren Haig mitgeteilt, dass das ohne Ihre vorherige Billigung aus Datenschutzgründen nicht ausführen könne. Ich darf Sie also darum bitten, Haig und ih Kolleg ausdrücklich zum Ausdrucken meiner Werte zu ermächtigen.
Mit freundlichen Grüßen
Wenn wir dann aber schon so weit vorgedrungen sind, ist es in einem nächsten Schritt ein Leichtes, auch alle weiteren Hinweise auf ein männliches oder weibliches Genus in unserer Sprache zunächst auszuixen:
Sehr geehrtx X X X Müllx,
ich war letztx X zux X in Ihrx X und habe mit Ihnen vereinbart, dass ich mir einx X dx X abholen kann, sobald diesx Ihrx Helfx vorliegen. Nun hat mir aber gestern Ihrx Helfx Renx Haigx mitgeteilt, dass X das ohne Ihrx vorherigx X aus Daten-X-X nicht ausführen könne. Ich darf Sie also darum bitten, X Haigx und ihrx Kollegx ausdrücklich zux Ausdrucken meinx X zu ermächtigen.
Mit freundlichen X
Sobald man das verstanden hat, kann man alles Ausgeixte weglassen und zwecks besserer Verständlichkeit einige neutrale Substantive oder Ersatzformen einfügen:
Sehr geehrt Müll,
ich war letzt zum Blutabnehmen bei Ihnen und habe mit Ihnen vereinbart, dass ich mir abholen kann, sobald dies Ih Helf vorliegen. Nun hat mir aber gestern Ih Helf Ren Haig mitgeteilt, dass das ohne Ih vorherig Billig aus Daten nicht ausführen könne. Ich darf Sie also darum bitten, Haig und andere ausdrücklich zum Ausdrucken zu ermächtigen.
Mit freundlichen
Es ist durchaus vorauszusehen, dass Uneinsichtige versuchen werden, ein solches äußerst sinnvolles Verändern beim Sprechen hin zu rein neutralen Substantiven mit dem Argument auszubremsen, dass das doch alles viel zu schwierig sei. Lassen wir uns nichts vormachen: Das ist gar nicht schwierig! Zugegeben, der Weg scheint zunächst schwer zu sein, aber das Ziel ist verlockend in seiner bestechenden Einfachheit. Schwierig sind nur allx dx vielx überflüssigx Sprach-X, die X ohne Weiteres weglassen kann, ohne dass überhaupt jexd X vermisst:
Hallo Müll,
sagen Sie doch bitte Ren Haig, dass mir mein Daten ausdrucken kann.
Mit freundlichen und viel für Ih