Elsternest

Das Muroto Kap – Erleuchtung nach langer Meditation (JR-4)

Am Kap Muroto
henro am Kap Muroto
Tag 4: Präfektur Kōchi, 13. Oktober 2023

Wieder mit frühmorgendlicher Zen-Meditation in den Tag. M. praktiziert die Sitzmeditation zu Beginn des Tages seit vielen Jahren und es ist für ihn ein Ritual geworden, mit dem der Tag frisch anfängt. Konzentriert den Tag beginnen, das hat was.

Nach dem Frühstück geht es mit dem Bus 160 km hinunter in die Präfektur Kōchi. Beim Tempel 23 „König der Medizin“ (Yakuō-ji) ist ein Zwischenstopp eingeplant, 75 Kilometer vom Kap Muroto entfernt. Von der Tempelanlage, die hoch über der Ebene liegt, hat man einen herrlichen Blick. Ganz oben am äußersten Ende der Tempelanlage steht eine beeindruckende Stupa.

Unglück im Alter abwehren

Kannon Statur
Eine wunderschöne Kannon Statur im Yakuo-ji Tempel

Zum Yakuō-ji kommen die Pilger, um Unheil für das im buddhistische Kalender als ungünstig erachtete Alter abzuwenden: 42 Jahre für die Männer und 33 Jahre für die Frauen. Dazu steigen die Männer eine Treppe mit 42 Stufen hinauf (auf Knien!) und die Frauen eine Treppe mit 33 Stufen. Dabei legen sie auf jede Stufe eine Münze, die zu dem Buddha geweihten Tempel (hondō) führt und dem daishidō (Kūkai gewidmeten Tempel) führt. Kūkai selbst soll im Alter von zweiundvierzig Jahren diesen Tempel besucht haben.

Eine große Kannon-Statur zieht M. in ihren Bann. Kannon ist seit ihrer Ankunft Ende des sechsten Jahrhunderts in Japan eine der beliebtesten Gottheiten im buddhistischen Pantheon. Der Name Kannon bedeutet so viel wie „die Töne (oder auch Gebete) der Welt wahrnehmend“. Aus dieser Beschreibung ergibt sich die Aufgabe der mitfühlenden Bodhisattva, nämlich den Gebeten und Rufen von den auf der Erde lebenden Menschen zu lauschen und ihnen zu helfen, Erlösung zu finden. Welch eine wunderschöne Beschreibung!

Buddhistische Mönche schützen die Natur

In der Tempelanlage stehen mächtige Kampferbäume. Deren Blätter werden in einem Feuerritual verbrannt. Sie verbrennen, ohne irgendwelche Rückstände zu hinterlassen! Ein Symbol für die Reinheit. In Indien heißt dieses Ritual Puja und dient der Verehrung der Götter. In einer Puja erweist man einem Gott, einem Geist oder irgendeinem anderen göttlichen Aspekt durch Bittgebete oder sonstige Gebete, Gesänge und bestimmte Rituale seine Reverenz.

Um den Kampferbaum ist ein Seil gespannt. In Thailand schützen die buddhistischen Mönche durch solche Bänder die Bäume: Kein Waldarbeiter der großen Holzfällerfirmen würde es wagen, einen auf diese Weise unter dem Schutz stehenden Baum zu fällen.

Vom Tempel Yakuō-ji bis zum Kap Muroto ist es nur noch die halbe Wegstrecke. Doch vor der Besichtigung des Kaps im Geopark geht es erst einmal zum Mittagessen, mit herrlichem Blick auf das anbrandende Meer. Das Gebiet am Kap Muroto wurde 2011 in das Global Network of National Geoparks aufgenommen. Hier wüten immer wieder Tsunamis: riesige Betonklötze zeugen von dem Versuch, die mächtigen Wellen zu brechen. Auch heute branden die Wellen an die Küste.

Am Kap Muroto fasste Kūkai einen Entschluss

An dieser Stelle meditierte der Mönch Kūkai in einer Höhle und erlebte dort, so die Sage, sein großes Erleuchtungserlebnis, nach dreijähriger Meditation. Es gibt diese Höhle noch immer und sie ist auch zugänglich, trotz Warnungen vor Steinschlag. Am Ende seiner Meditationspraxis in der Höhle fasste Kūkai den Entschluss, nach China zu reisen, um die Quellen des Buddhismus zu studieren.

Ein Wanderweg führt steil den Berg hinan zum Tempelbezirk Hotsumisaki-ji, dem Tempel 24 auf der großen Pilgerroute um die Insel Shikoku. Er ist hoch gelegen auf dem Hotsumi-Kap von Shikoku, das zur Stadt Muroto (Präfektur Kōchi) gehört. Es ist etwas spät geworden, als die Pilgergruppe zu diesem Tempel aufbricht und so mancher hat Schwierigkeiten, den steilen Berg hinauf zu steigen. Die Reiseleitung entscheidet, dass alle wieder umkehren und der schon vorausgefahrene Bus wird wieder zu den Höhlen Kūkais zurückbeordert. Die Abenddämmerung hat bereits eingesetzt, als die henro (Pilger) das Community Center Umaji Onsen erreichen. Schnell sind die Zimmer bezogen, diesmal wieder auf Futons und der Abend beginnt mit einem Bad im Onsen und anschließendem fulminanten Mal.

Futon-Schlafstelle Kap Muroto

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Ein Kommentar

  1. Lieber Michael,
    ein tolles, stimmungsvolles Bild aus unserer temporären 3er-WG – Danke!
    Ich denke (inzwischen) sehr gerne an die gemeinsame Zeit auf dem (inneren) „Pilgerweg“ zurück…
    Jörn

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