Elsternest

Der Wutwinter ist ausgefallen

Erregung im Wutwinter
Foto von Thomas Kelley auf Unsplash Lizenzbedingugen: https://unsplash.com/de/lizenz
Es scheint, als liefe der Winter sich für den Endspurt zum Frühjahr warm. Diese Woche gab es einige wirklich schöne Sonnentage, die den Winterblues, den viele verspüren, zurückdrängten. Man konnte in dieser Woche zum ersten Mal in diesem Jahr auf einer Bank sitzen und in der Sonne lesen. Die Vögel beginnen, ihre Kehlen für die Brautwerbung zu trainieren und die ersten Spechte klopfen auf totes Holz. Die Winterlinge und Schneeglöckchen strecken ihre Blütenköpfe durch das Erdreich. Wie schön. Da taucht bei Twitter ein Hashtag auf, der die Wut auf den Winter oder besser gesagt, den Wutwinter ins Visier nimmt. Es sind in der Regel spöttische Kommentare auf den Wutwinter, der offensichtlich nicht stattgefunden hat. Man lacht das Untergangsgeschwätz von populistischen Scharfmachern einfach weg. Was war da passiert?

# Wutwinter

In einer ungewollten, seltsam hysterisch wirkenden Kooperation mit klassischen Medien, Verfassungsschützern, Politikerinnen (Annalena Baerbock warnte vor „Volksaufständen“) hatten rechte Populisten versucht, wie in der Debatte um Flüchtlinge 2015 oder während der Corona-Krise Wut auf die Politik zu schüren, falls das Gas dramatisch knapp werde. Es begann ein Pingpong-Match der Verunsicherungen, das die verschiedenen Akteure und Öffentlichkeiten mit den rechten Scharfmachern spielten.

Pingpong-Spiel

Der „Wutwinter“ fiel aus. Von der Politik beschlossene milliardenschweren Entlastungspakete halfen der Bevölkerung, die sich darüber hinaus auch noch mehrheitlich solidarisch gegenüber den Menschen in der Ukraine verhielten. Trotz der explodierenden Gaspreise, der massiven Inflation und der im Alltag erlebbaren Härten. Gute Nachrichten, denen die Populisten nichts entgegensetzen konnten.

Wir sollten den Winter vielleicht als Vorbild für Abkühlung sehen und ihm, in Bezug auf zukünftige Erregungsepidemien, nachahmen. Statt immer nur zu schimpfen, sollten wir die Solidarität, die Stärke und die Krisenresilienz von Menschen einfach feiern. Über den Winter, das Feiern und die zwischenmenschliche Wärme können wir dann mit drei Akkorden einen Blues singen und so die Welt in Worte fassen.

Der Text wurde inspiriert von Gedanken des Professors für Medienwissenschaft Bernhard Pörksen, die er im Deutschlandfunk äußerte. Zuletzt erschien sein Buch „Die große Gereiztheit. Wege aus der kollektiven Erregung“

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