Der Jesuit John Dear aus den USA sprach am 25. Juni auf Einladung des katholischen Bildungswerks und Pax Christi in Stuttgart über seine Form der Spiritualität. John Dear ist seit über 35 Jahren in der Friedensbewegung aktiv. Für seine Aktionen des zivilen Ungehorsams wurde er mehr als siebzigmal inhaftiert. Viele Monate seines Lebens hat er in Gefängnissen verbracht.
Obwohl Christ, wird er von seinen eigenen Glaubensbrüdern in den USA mit Morddrohungen überzogen. Der Grund: er lebt die zentrale Botschaft der Bergpredigt Jesu, die Gewaltlosigkeit predigt. John Dear bezieht sich mit seinen Aktionsformen auf Martin Luther King und Mahatma Gandhi. Die Welt, wie John Dear sie beschreibt, ist von totaler Gewalt geprägt.
35 Kriege in den letzten Jahren prangert er an, benennt die 16 – 20-tausend Atomwaffen, die die Menschheit fortwährend bedrohen. Strukturelle Gewalt bringt eine Milliarde Hungernde hervor und verursacht den Klimawandel durch immer rigorosere Ausbeutung der Natur (siehe hierzu den Artikel über Prof. Altvater im Elsternest). Gewalt äußert sich in Rassismus, Folter Sexismus und hundert anderen Arten.
Sein Land „feiert“ die Exekution von Straftätern als „legale“ Gewalt. Gewalt ist in den USA „heilig“. Diese tägliche Gewalt macht uns krank. Nicht nur in den USA vertreten die Christen die Meinung, Gott sei auf der Seite der Macht, man solle seine Feinde nicht lieben, sondern umbringen (Kampf gegen den Terrorismus). Die Kirche lehrt die Theorie vom gerechten Krieg.
Martin Luther King und Gandhi traten mutig gegen diese These auf. Ihre Botschaft: Krieg bringt keinen Frieden, Krieg ist die Saat für weitere Kriege. Im Irak zeigt sich, wie aktuell diese These ist: der Krieg der Busch Regierung hat einen Flächenbrand hervor gebracht. Deswegen muss es ein Ende der Gewalt geben. Am Abend vor seiner Ermordung sagte Martin Luther King in seiner „Berggipfelrede“ in Memphis, die Menschen haben die Wahl zwischen Gewaltlosigkeit oder Untergang.
Gewaltfreiheit nimmt den Bruder konsequent in den Blick. Sie beginnt damit, jeden Menschen als Bruder und Schwester anzunehmen, wir sind alle eins mit der Schöpfung. Gewaltfreiheit ist aktive Liebe und Wahrheitssuche. In gewaltsamen Situationen gibt es nicht nur die zwei Möglichkeiten, wegrennen oder mit Gewalt antworten. Es gibt den dritten Weg der gewaltlosen Aktion, aktiv eingreifen aber konsequent auf Gewaltmittel verzichten.
John Dear nennt drei Prinzipien der Gewaltlosigkeit
Für John Dear gibt es drei wesentliche Prinzipien der Gewaltlosigkeit, auf die er großen Wert legt:
- Gewaltlosigkeit gegen sich.
Das praktiziert man, indem man sich jeden Tag Ruhezeiten zugesteht, Zeiten der Meditation und Besinnung einhält. - Gewaltfreiheit gegenüber jedem Lebenswesen jeden Tag, gemäß der Botschaft Jesu
- Sich mit den Graswurzelbewegungen in der Welt verbinden.
Die Graswurzelbewegungen haben weltweit öffentliche Aktionen für den Frieden durchgeführt und waren in einigen Fällen sogar in der Lage, kriegerische Konflikte zu beenden.
Der Jesuit John Dear
John Dear beruft sich in seiner Spiritualität der Gewaltlosigkeit explizit auf das neue Testament und als zentrale Botschaft, die Bergpredigt. Er sieht Jesus als den größten Propheten der Gewaltlosigkeit und wer ihm folgen will, muss konsequent gewaltfrei sein. In seinen Auslegungen dieser Stellen im Neuen Testament ist John Dear ganz der streitbare Jesuit, der mit Humor und Empathie für seine Thesen eintritt. Die Bergpredigt ist für ihn ein Training zur Gewaltlosigkeit.
Selbst in den Stunden vor seiner Hinrichtung gebietet Jesus Petrus, die Waffen nieder zu legen, als dieser ihn gegen die Ergreifung durch die römischen Soldaten mit dem Schwert verteidigen will. Und er hat in der letzten Zusammenkunft mit seinen Jüngern nicht gesagt:
„Brecht ihre Körper für uns“ und „vergießt ihr Blut für uns“ sondern:
„Dies ist mein Körper, gebrochen für euch, dies mein Blut vergossen für euch.“
In jeder Messe werden die Christen an diese zentrale Aussage Jesu erinnert, die eine Botschaft der Gewaltlosigkeit ist.
Die Kirche hat diese Friedensbotschaften umgedeutet und nachdem die Kirche zur Staatskirche wurde den Weg der Gewaltlosigkeit verlassen. Im Mittelalter wurde von ihr die Theorie vom gerechten Krieg entwickelt. In keiner der Segnungen in der Bergpredigt werden diejenigen erwähnt, die kriegerisch und ungerecht sind.
Alle Handlungen und Aussagen Jesu könne man durch die Brille der Nonviolence sehen, so John Dear an diesem Abend. Und seine Spiritualität wird zusammengefasst durch sein Statement: „Für mich ist geistliches Leben eine Reise zum Frieden und umfasst die ganze Menschheit und die ganze Schöpfung.“