Elsternest

NSU-Untersuchungsausschuss im kritischen Blick der AnStifter

Eberhard Frasch von der Beobachtergruppe NSU-Untersuchungsausschuss der AnStifter
Eberhard Frasch von der Beobachtergruppe NSU-Untersuchungsausschuss der AnStifter. Links im Bild ein Propagandavideo der Terrorgruppe

 

Mitte Februar legten die elf Parlamentarier des baden-württembergischen Untersuchungsausschusses ihren Abschlussbericht zum NSU-Komplex vor. In 39 Sitzungen haben sie versucht, Verbindungen zu klären, die die Mitglieder der mutmaßlichen Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ nach Baden-Württemberg hatten. Sie stellten Fragen zum Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter im April 2007 in Heilbronn, dem rassistischen Ku-Klux-Klan sowie dem Selbstmord des Neonazi-Aussteigers Florian Heilig im September 2013. Ihre Ergebnisse flossen in ein knapp 1.000 Seiten umfassendes Dokument ein, das Anlass zur Vorstellung und Diskussion durch die Anstifter im Württembergischem Kunstverein am 22. Februar war.

Schon im November 2014 hatten die AnStifter auf Initiative des ehemaligen Richters Klaus Beer einen Kongress organisiert, der den Themenkomplex des Nationalsozialistischen Untergrunds diskutierte. In Folge gründete sich eine Gruppe von Beobachtern, die aus dem Untersuchungsausschuss des Landtages berichteten. Sie haben über die einzelnen Sitzungen Twitterprotokolle angefertigt, veröffentlichten sie auf der Seite der Anstifter. Diese Gruppe stellte auch ein Ausstellung zum Terror des Nationalsozialistischen Untergrunds im Stuttgarter Rathaus zusammen. (Bericht über die Ausstellungseröffnung im Elsternest)

Zwei ausgewiesene Kenner der Materie saßen auf dem Podium der Initiative NSU-Aufklärung der AnStifter und gaben einen Überblick über die Arbeit des Untersuchungsausschusses. Es waren dies die Redakteure Sven Ullenbruch und Rainer Nübel. Regelmäßig berichteten sie aus den vielen Sitzungen des Untersuchungsausschusses. In vier Blöcken näherten sie sich dem Thema:

  1. Der Selbstmord des Neonazi-Aussteigers Florian Heilig im September 2013
  2. Der Ku-Klux-Klan in Baden-Württemberg und die Verstrickung von deutschen Geheimdiensten in dieser rassistischen Vereinigung
  3. Der Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter
  4. Bilanz der Ausschussarbeit und der Abschlussbericht

Nach jedem Block lud der Moderator Eberhard Frasch das Publikum ein, vertiefende Fragen zu stellen.

Es ist interessant, dass der Innenminister des Landes Baden-Württemberg, Reinhold Gall von der SPD, sich lange gegen einen solchen Untersuchungsausschuss ausgesprochen hat. Aber die Parlamentarier des Landtages haben sich in dieser Frage durchgesetzt.

Es bleiben Fragen

Zum Schluss der Veranstaltung zeigte sich ein differenziertes Bild zu den weiterhin offenen Fragen aber auch zu mittlerweile geklärten Sachverhalten. Zu viele offensichtlich unglaubwürdige Zeugenaussagen und verpasste Chancen bei der Befragung wurden festgestellt. Als Fazit kann man festhalten, ein weiterer NSU-Untersuchungsausschuss und seine Beobachtung durch zivilgesellschaftliche Akteure ist notwendig, will man alle offenen Fragen auch nur ansatzweise beantworten. Es bleibt abzuwarten, wie das neugewählte Parlament im März 2016 mit diesem Thema umgehen wird.

Eine ausführliche Einschätzung der Arbeit der Parlamentarier im NSU-Untersuchungsausschuss findet sich auf der Website der Initiative NSU-Watch Baden-Württemberg. Ein Audiomittschnitt der Veranstaltung findet sich hier.

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