Elsternest

Im Poesiereservat – 40 Jahre Schriftstellerhaus

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Poesiereservat, so kann man das Schriftstellerhaus nennen. Hier findet die Poesie ein Zuhause. Schon seit 40 Jahren. Nach dem Festakt im Hospitalhof am 18. September 2019 öffnete tags darauf das Schriftstellerhaus seine Tür für das an der Lyrik interessierte Publikum. Das Haus ist eng, der Raum begrenzt. Doch dadurch ließ sich die Geschäftsführerin Astrid Braun nicht in ihrer Kreativität beschränken. Da wurde fluchs mal eine Leseecke im Keller, vor dem Waschmaschinenraum, eröffnet.

Ein Gong signalisiert den Wechsel

Achim Wagner im Poesiereservat
Achim Wagner

Der Kellerraum dunkel und etwas moderig (hier werden auch die Getränke gelagert, die die Schriftsteller konsumieren) aber aufpoliert durch die Lyrik von Achim Wagner. Der harrt gut drei Stunden im Keller aus und liest aus seinen gesammelten Gedichten, kommt mit den Zuschauern ins Gespräch. Er präsentiert eine Mischung aus eigenen Gedichten und Lyrikübersetzungen aus dem Türkischen, auf die er spezialisiert ist. Bis zu den Gezi-Protesten in Istanbul hatte er immer wieder für viele Monate in der Türkei gelebt. 2010 war er Stipendiat im Haus. Nach 20-25 Minuten ertönt ein Gong und die Zuhörer steigen über eng gewundene Treppen in eine der höher gelegenen Etagen.

Büro und Studio werden zur Lesebühne

Mathias Jeschke
Mathias Jeschke

Im Büro der Geschäftsführung hat sich der Stuttgarter Lyriker Mathias Jeschke einquartiert. Er liest aus seinem Gedichtband Es traten Wälder aus mir heraus. Die Illustrationen steuerte sein lyrischer Weggefährte, der Künstler und Mundartdichter Peter Schlack, bei. Jedes Gedicht von Mathias Jeschkes ist eine Reise. Entweder auf dem Papier, im Kopf oder in der realen Welt. Es geht um Begegnungen, Beziehungen und Beobachtungen in seiner Lyrik. Mit seinen humorvollen, teils nachdenklich stimmenden Texten verzaubert er seine Zuhörerinnen und Zuhörer.

Steigt man die Stufen weiter hinauf, gelangt man in das Aufnahmestudio des Hauses. Das wurde aus Mitteln der Kulturförderung durch Vorstandsmitglieder eingerichtet. Hier entsteht in unregelmäßigem Abstand der Podcast Aus dem Häuschen.

Raoul Eisele
Raoul Eisele

Heute liest Raoul Eisele aus seinen Werken. Darunter Lyrik und Prosa-Miniaturen. Raoul Eisele hat einen Teil der heute vorgetragenen Texte 2021 während seines Stipendiums im Schriftstellerhaus geschrieben. Er berichtet über die Unmöglichkeit, nur mit lyrischen Texten sein Leben zu verdienen. Er hat in letzter Zeit eine umfangreiche Anthologie mit Werken österreichischer Literaten betreut und wird demnächst in der Redaktion einer Literaturzeitschrift arbeiten.

Für Getränke und Snacks ist ausreichend gesorgt

Mitglieder des Jungen Schriftstellerhauses im Poesiereservat
Das Junge Schriftstellerhaus performt

Wenn der Pausengong ertönt, ist Gelegenheit, sich bei Getränken und kleinen Snacks zu bedienen. Es besteht die Gelegenheit, so man nicht sofort wieder die Stufen hinaufsteigt, der Performance einiger Mitglieder des Jungen Schriftstellerhauses beizuwohnen. Ihr chorisch gesprochener Text beschreibt die Arbeit der Werkstattteilnehmerinnen an ihren Werken. Wann, wo, wie wird geschrieben und wie entsteht aus einer Idee eine Geschichte?

 

Katharina Ferner im Poesiereservat
Katharina Ferner

Ganz weit oben, direkt unter dem Dach, residiert heute Katharina Ferner. Stolz präsentiert sie die Stipendiatenwohnung, die sie selber 2019 nutze, um an ihrem Gedichtband krötentage zu schreiben. 2022 ist er im Limbus-Verlag, Innsbruck, erschienen. Für die Anthologie von Raoul Eisele hat sie auch einen Beitrag beigesteuert. Neben Lyrik veröffentlicht Katharina Ferner auch Prosa und arbeitet interdisziplinär mit anderen Künstlern zusammen.

 

Odile Kennel
Odile Kennel während ihrer Zeit als Stipendiatin 2014 im Häusle

Geht man weiter durch das „Häusle“ kann man Odile Kennel entdecken. Sie war vor neun Jahren Stipendiatin im Schriftstellerhaus. Die 1967 in Bühl geborene Odile ist eine deutsch-französische Dichterin, Schriftstellerin und Übersetzerin für Lyrik aus dem Französischen, Portugiesischen, Spanischen und Englischen.

Wer nach all den lyrischen, stockwerkübergreifenden Leseerlebnissen im Erdgeschoss vom Poesiereservat sein letztes Glas Wein trinkt, kommt schnell mit den Lyrikerinnen und Lyrikern ins Gespräch, die dieses Poesiereservat mit Leben gefüllt haben, bevor bei Einbruch der Nacht das Häusle seine Türen schließt.

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2 Kommentare

  1. Es schmerzt mich sehr zu sehen, dass in dieser Berichterstattung, ebenso wie im Jubiläumsartikel der StZ eine Person nicht erwähnt wird, die 20 von den 40 Jahren das Schriftstellerhaus geführt und geprägt hat, anders als Astrid Braun, aber mit ebenso viel Herzblut und Engagement: Usch Pfaffinger. Sie war die Seele des Hauses. Dass beim Festakt nur Arne Braun knapp auf sie verwiesen hat, entschuldigt dieses schlimme Versäumnis nicht.

    1. Lieber Rainer,
      deine Kritik kann ich sehr gut nachvollziehen. Auch ich habe mich gewundert, dass Usch Pfaffinger bei dem Festakt nur am Rande erwähnt wurde.

      Was meinen Artikel angeht, kann ich natürlich nur darüber berichten, was sich ereignet hat. Wertungen über Nichtgesagtes sollten in diese Art der Berichterstattung nicht vorkommen. Das kannst du als ehemaliger Redakteur einer großen Zeitung sicher gut nachvollziehen. Da bräuchte es ein anderes Format, z. B. eine investigative Reportage. Ich hoffe, dass bei der Berichterstattung von Seiten des Schriftstellerhauses die Verdienste der 1. Geschäftsführerin gewürdigt werden.

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