Thomas Rosenlöcher bringt ein heiteres Lachen und Gedichte randvoll mit Humor gefüllt ins Schriftstellerhaus. Davon konnten sich die Mitglieder des Stuttgarter Schriftstellerhauses nach ihrer Mitgliederversammlung am 6. Oktober bei der Vorstellung des neuen Stipendiaten überzeugen.
Thomas Rosenlöcher, der aus Dresden stammende Schriftsteller und Lyriker, wird im letzten Quartal die Wohnung in der Kanalstraße 4 für seine Arbeiten nutzen. Er ist von September bis Dezember als Stipendiat nach Stuttgart gekommen und hat schon das Publikum der langen Nacht der Lyrik im September für seine Lyrik begeistern können.
Er ist dieses Jahr 68 Jahre alt geworden, hat aber seinen jungenhaften Humor ebenso wenig abgelegt wie sein „Sandsteindräsden“. Wenn die Kindheit eine notwendige Bedingung des Staunens ist, dann fällt es schwer, ist sie vorüber, sich dem Alltag zu entziehen. In seinen Gedichten lässt er die Zeit immer wieder still stehen, um diesem Staunen nachzuspüren.
Rosenlöcher wird zu Rosenlechner
In einigen seiner Texte nimmt er sich selber auf die Schippe, indem er von sich nicht als Herr Rosenlöcher spricht sondern als Herr „Rosenlechner“. Er selbst sagt, kein Mensch könne sich seinen Namen merken, was in Folge immer neue Verballhornungen nach sich zöge. Rosenlechner hat er in seinem Prosatext über die Motorlosigkeit einer Treibzille (flachbodiges Wasserfahrzeug) ein Denkmal gesetzt.
Seine Lyrik ist geprägt von der Beobachtung der Natur und der Andacht zum Kleinen. Es ist verständlich, dass er dafür in der alten DDR beargwöhnt wurde. Seine Texte, erfüllt von Ironie und Heiterkeit, fragen doch ernsthaft nach dem Zustand der Welt und lassen letztlich im Idyll keine Behaglichkeit aufkommen. Ein ganz kurzes Gedicht, an diesem Abend vor ihm vorgetragen, macht dies deutlich:
Die Wirtschaftskrise
Das Zeitungsblatt sagt: „Es wird schlimmer“
Das Lindenblatt: „Es bleibt wie immer“
Thomas Rosenlöcher bei Suhrkamp und Insel
Im Westen wurde er erst nach der Wende bekannt, hatte das Glück, beim Suhrkamp/Insel Verlag verlegt zu werden. Auch nach der Wende mischt er sich ein, so hat er sich 2008 gegen den bevorstehenden Bau der Waldschlößchenbrücke ausgesprochen und hat sich in den Auseinandersetzungen um das Schicksal des Suhrkamp Verlags zu Wort zu Wort gemeldet. Bauaktivitäten verfolgen ihn auch in Stuttgart: Auf der Baustelle gegenüber der Hauptstätter Straße baut die Firma Breuninger für rund 200 Millionen Euro das Dorotheen-Quartier, selbst in der Nacht hört der Dichter den Lärm. Kein Idyll nirgends! Es ist zu vermuten, dass Thomas Rosenlöcher, wohnte er in Stuttgart, sich in der Bewegung gegen das Bahnhofsprojekt engagiert hätte. So aber flieht er die Dichterklause in der Kanalstraße 4 wo ihm weder die nahegelegene Baustelle noch die neben ihm befindliche Bäckerei Ruhe gönnt.
Wendet er sich in Richtung Leonhardskirche, so wird er die „Neonikone“ treffen, die er so treffliche in seinem Band Hirngefunkel (Insel-Bücherei Nr. 1369) beschreibt. Er traf sie in Amsterdam, als er um die Ecke bog und vor dem Fenster der Hure stand, die in rötlichem Licht saß …
Wir sind gespannt, welche Eindrücke Thomas Rosenlöcher am Ende seines Stipendiums im Schriftstellerhaus in lyrische Form gebracht hat.